10/01/2023

Frauke Zabel – DIE PALMEN SICH WIE FOLGT GRUPPIEREN:

Ein Ausstellungsprojekt von Frauke Zabel
in Zusammenarbeit mit Anna Lena von Helldorff und Juliana R.

Wie lassen sich anhand einer Pflanze globale Zusammenhänge aus Geschichte, Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft zeigen? Mehrere Aufenthalte in Brasilien gaben den Anstoß dazu, dass sich die Künstlerin Frauke Zabel intensiv mit Palmen zu beschäftigen begann.

Palmen begegnen uns in unterschiedlichsten Kontexten als Symbol und Verheißung eines Paradieses. Im globalen Norden – einem eher nicht natürlichen Habitat der Palmen – erscheinen sie als ein exotisiertes und romantisiertes Sinnbild für außereuropäische Gebiete seit der kolonialen Expansion. Die positive Konnotation der Pflanze ist also angesichts einer langen ökologischen und ökonomischen Ausbeutung brüchig und ambivalent.

Das Spannungsverhältnis zwischen wissenschaftlichem, wirtschaftlichem und ästhetischem Interesse an den Palmen zeigt sich besonders anhand der Arbeit des Botanikers Carl Friedrich Phillip von Martius. Martius kehrte nach einer dreijährigen Forschungsreise im Jahr 1820 von Brasilien nach München zurück und widmete im Anschluss einen Großteil seines Forschungsinteresses den Palmen.

Die Ausstellung setzt Ausschnitte Martius’ Arbeit an den Palmen in den Kontext von gegenwärtigen Exemplaren und Belegen. Die künstlerische Recherche zu dieser Pflanzenfamilie beginnt im Herbarium der Botanischen Staatssammlung in München. Hier befinden sich auch die Herbarbelege von Palmen, die Martius in Brasilien zwischen 1817 – 1820 sammelte. Diese Belege wurden nach gängigem Verfahren von ihm bestimmt. Das heißt, bisher unbekannte Arten erhielten einen wissenschaftlichen Namen und wurden in diesem Prozess in ein westliches, taxonomisches Klassifizierungssystem eingeordnet. Im Botanischen Garten München wurden aus Brasilien mitgebrachte Samen kultiviert, vermutlich auch für die königlichen Wintergärten.

Während der Recherche zu Martius’ Wirken begann Frauke Zabel eine eigene Sammlung anzulegen von „Belegen“, die von Palmen als Forschungsgegenstand erzählen, aber auch von der mit ihnen im Zusammenhang stehenden Symbolik, Exotisierung, Profitabilität, Wissensbildung und dem Handel in kolonialen und neokolonialen Verbindungslinien.

Die Installation „die Palmen sich wie folgt gruppieren:“ nimmt die Methode des Gruppierens durch sprachliche Deutung als Ausgangspunkt. Diese mögliche Sortierung der individuellen Sammlung von Palmen setzt das Prinzip des Klassifizierens in einer Rauminstallation im MaximiliansForum fort. Die unterschiedlichen Erscheinungsformen der Belege werden dabei selbst zum Anlass für Fragen der Repräsentation sowie der Sortierung nach einer scheinbar objektiven und universellen Ordnung.

Im Kontext der Ausstellung entwickelt Frauke Zabel mit der Musikerin Juliana Pereira Rodriguez alias Juliana R. (São Paulo, Brasilien) den performativen Spaziergang „Você pode imaginar? / Kannst Du Dir vorstellen?” und einen Listening Workshop. Der performative Spaziergang bringt einen akustischen Streifzug künstlicher Habitate von Palmen in São Paulo mit der Recherche zur historischen Palmenforschung, botanischer Klassifizierung und Kultivierung von Palmen in München zusammen. In einem mit Anna Lena von Helldorff konzipierten Workshop werden die im Listening Workshop gesammelte Tonbeispiele zu Palmen klassifiziert und in das wachsende Archiv überführt. Am Wochenende der Open Art lädt das Ö_Projekt in die offene Ö_Werkstatt im MaximiliansForum ein. Parallel zur Ausstellung im MaximiliansForum wird im September 2023 die Weiterführung des Projekts von Frauke Zabel in einem performativen Format in Sao Paulo erscheinen

Goethe's Palm - Courtesy of the University of Padua Botanical Garden

"Frauke Zabel - Die Palmen sich wie folgt gruppieren:", Ausstellungsansicht MaximiliansForum 2023, Foto Verena Kathrein

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